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Die Nacht war ruhig. Unsere Stegnachbarn wollen früh los, also verholen wir uns um 08:00 Uhr kurz und frühstücken dann ganz gemütlich. Hier scheinen alle früh unterwegs zu sein. Wir sind ab 09:00 Uhr fast alleine im Hafen.

(c) NV Charts, Femø

Wir gehen wieder nach Norden rund Femø und dann nach SE zurück aus der Richtung, aus der wir gekommen sind in Richtung Bogø Sund. Anfangs haben wir noch sehr wenig Wind, sodass Constantin wieder die Angel auswerfen kann, wobei sich der Angelhaken im Groß verfängt. Dies aber ist das geringste Problem auf dem störanfälligen Schiff.

Mittags frischt es dann aber auf und wir können raumschots mit teilweise 10 kn Strecke machen. Hinter den beiden Brücken, zurück im Bogø Sund, biegen wir dann rechts ab in Richtung Stubbekøbing. Ottfried, unsere Reiseleitung in „Houston“, hatte uns telefonisch den Tipp gegeben, nicht direkt Bogø anzusteuern, weil es dort keine Läden gibt. Wir brauchten aber noch einiges an Schiffsbedarf und unser Verlangen nach einmal Pølser war auch noch nicht gestillt. Im Haupthafen von Stubbekøbing machen wir dann fest. Zuerst gibt es den lang ersehnten Pølser und dann Eis. Beim Schiffsausrüster erstehen wir unsere Ersatzteile und für Constantin eine Mütze voll Selbstbewusstsein. Anschließend machen wir uns auf den Weg nach Bogø, ein kurzer Sprung nach gegenüber. Zwischen Stubbekøbing und Bogø verkehrt eine historische Fähre, die uns unterwegs überholt. Mittlerweile hat der Wind wieder auf gute 6 Bft, in Bögen 7 Bft aufgefrischt.

(c) Beate Offrich, Constantin mit Klabautermütze

Die Ansteuerung von Bogø ist recht schmal. Eine Fähre und wir mit unserer Hanse passen da nicht gleichzeitig durch. Gottseidank kommt uns die Fähre erst entgegen, als wir bereits im Hafenbecken angekommen sind.

Die Fähre muss warten, bis wir einen Anleger gefunden haben. Brav stellt der Fährmann seine Maschine wieder auf „Neutral“. Beim Wendemanöver auf der Nordseite des kleinen Hafenbeckens erstirbt dann mal wieder der Motor. Der Wind treibt uns mit 6-7 Bft zum Ende des Hafenbeckens mit 60 cm Wassertiefe – keine gute Aussicht. Wir wollen nicht zu Fuß nach Hause laufen. Ein erneuter Startversuch holt die Maschine nochmal kurz zurück ins Leben, um dann wenige Sekunden später wieder zu ersterben. Der Skipper gibt das Kommando „Lass fallen Anker“ und erhält zurück „…Geht nicht ohne Maschine…“; uns bleiben nur noch wenige Sekunden bis zur Landung im Flachwasser. Die einzige verbleibende Option ist ein leerer Liegeplatz in der Leeseite des Hafenbeckens. Immerhin geht unser Bugstrahlruder noch. Mit dosiertem Einsatz gelingt es dem Skipper die Fuhre mit Schwung zwischen die Dalben des leeren Liegeplatzes zu setzen, die sich laut knarzend auseinanderbiegen. Zum Glück sind die Dalben aus Holz. Das Boot bekommt keinen Kratzer ab. Den ersten Versuch, das Boot regelgerecht in den Liegeplatz zu bekommen, brechen wir ab. Unser Boot ist zu breit. Rückwärts kommen wir ohne Maschine nicht mehr weg. Es weht immer noch mit 7 Bft. Wir verschnaufen kurz und winken freundlich den Zuschauern unseres abenteuerlichen Manövers. Langsam lichten sich die Zuschauerreihen.

(c) Martin Högl, Bogø, Rettungsliegeplatz rechts neben Tulle

Der Skipper beschließt per Festmacher und Winsch das Boot zu evakuieren. Von dem gegenüberliegenden Kopfsteg wollen wir mit einem Fender die Leine zu uns übergeben. Der Festmacher ist zu schwer und versinkt immer wieder im Hafenbecken. Hendrik versucht es tapfer, dann ein engagierter Däne und zuletzt unser Klabautermann – vergebens. Hendrik erbarmt sich unser, stürzt sich heldenhaft in die Fluten und schwimmt den Fender mit Festmacher höchstpersönlich durch das Hafenbecken. Damit sind wir gesichert.

Unsere Sorgeleine „verschließt“ damit aber auch das gesamte Hafenbecken. Aber am Abend will eh keiner mehr auslaufen.

Das Manöver zum Verholen aus unserem Rettungsplatz wird nicht so einfach, wie gedacht. Der Wind kommt zwar von hinten, schiebt das Boot aber quer zum Wind, während das Boot aus der Box kommt. Bizarrerweise erscheint der Bootsnachbar mit seinem Handy. Statt zu helfen, filmt er alles und bemerkt, dass wir ja wahrscheinlich eine gute Versicherung haben. Hendrik macht seinem Unmut über dieses bizarre Verhalten Luft und kommuniziert eindeutig mit dem Nachbarn. Der dadurch einsetzende Denkprozess führt dazu, dass er zurückrudert und schließlich tatsächlich helfen will. Der Wind ist immer noch zu stark, wir brechen das Manöver erst einmal ab.

(c) Beate Offrich, Best Pizza Ever!

Der Wind durch den Sund ist wahrscheinlich in Teilen thermisch. Es ist zu erwarten, dass mit einsetzender Dunkelheit der Wind teilweise nachlässt. Wir beschließen erst einmal Kräfte bei einer Pizza zu sammeln. In der Tat war die Pizza ein unerwarteter Hochgenuss, ganz besonders nach all dieser Aufregung. Inzwischen ist unser Bootsnachbar kreativ geworden und hat einen Bekannten auf der Insel aktiviert, der sich gut mit Bootsdieseln auskennt. Tatsächlich erscheint er und nimmt die Angelegenheit in Augenschein. Nach einiger Zeit der Inspektion beschließt er die Arbeiten morgen fortzuführen und vorher mit Yanmar Kontakt aufzunehmen.

Der Wind lässt nach und wir können das geplante Manöver schlussendlich erfolgreich zu Ende führen. Mit viel Kurbelei an der Winsch kommen wir an einen sicheren Liegeplatz.

Das war mal wieder ein besonderer Tag!